»Im Morgenlicht der Republik«

»Im Morgenlichte der jungen deutschen Republik«, wie sich der Gründungsdirektor Friedrich Schreiber-Weigand rückblickend erinnert, beschloss 1920 der Chemnitzer Stadtrat vor 100 Jahren die Gründung einer städtischen Kunstsammlung. Beseelt von der Idee des Museums als Ort der Demokratie, Bildung und Teilhabe, wurde die Verwaltung, Vermittlung und Präsentation des städtischen Kunstbesitzes als wichtige kommunale Aufgabe in der ersten deutschen Republik anerkannt. Neben der Errichtung des König-Albert-Museum 1909 am Theaterplatz wurde durch die Institutionalisierung der Sammlung 1920 das zuvor allein private Engagement der Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger durch die Stadträte gewürdigt.

2020 jährt sich auch zum 160. Mal der Jahrestag der Gründung der Kunsthütte zu Chemnitz, dem bürgerlichen Kunstverein, auf dessen Sammlungsinitiative hin das Museum gegründet wurde. Aus Anlass dieses doppelten Jubiläums zeigen die Kunstsammlungen Chemnitz in der Ausstellung »Im Morgenlicht der Republik« eine repräsentative Auswahl von Kunstwerken aller Gattungen und Bereiche aus den umfangreichen städtischen Beständen. Die Präsentation erzählt die großen und kleinen Geschichten des Sammelns, des bürgerlichen Engagements, der Industrie, der Kunst und des Kunstgewerbes, aber auch der Identität einer von Brüchen gekennzeichneten Stadt, im Geflecht der europäischen Entwicklungen.

Die Ausstellung ist chronologisch in fünf Kapitel vom 19. und frühen 20. Jahrhundert über die Nachkriegszeit und DDR bis in die Gegenwart gegliedert. Neben den Einblicken in die wertvollen Sammlungsbestände ist besonders die zeitgenössische Interpretation der historischen Galerie der Moderne hervorzuheben, die 1926 durch Schreiber-Weigand zusammen mit Karl Schmidt-Rottluff als Display für zeitgenössische Kunst entwickelt wurde. Neben der aufgeschlossenen Ankaufspolitik genoss auch deswegen das Museum in den 1920er Jahren den Ruf eines der wichtigen deutschen Museen für Gegenwartskunst und besonders des Expressionismus.

Die Kunstsammlungen Chemnitz blicken auf eine sehr abwechslungsreiche Geschichte seit ihrer Gründung als kommunales Museum vor 100 Jahren zurück, in der viele erfolgreiche Perioden neben weniger rühmlichen Momenten stehen. Wechselspannungen, die die Stadt Chemnitz auf ambivalente Art prägen, charakterisieren auch die Geschichte der Kunstsammlungen. Allen Brüchen zum Trotz boten und bieten die Kunstsammlungen eine ästhetische, künstlerische und historische Kontinuität, die ein wichtiges Element der Identität und auch des Bürgerstolzes von Stadt und Region waren und bis heute sind.
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