Schloßbergmuseum
Présentation de la collection

Gotische Skulptur in Sachsen

Heiliges Grab aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1480/1520, Holz, farbig gefasst und vergoldet, Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum/May Voigt

Gotische Skulptur in Sachsen

Dank der großzügigen konzeptionellen Haltung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist seit dem 21. Juni 2009 im Chemnitzer Schloßbergmuseum die einzigartige Sammlung Gotische Skulptur in Sachsen zu sehen.

Die Idee des Projektes beruhte auf einer gemeinsamen Initiative von Dr. Moritz Woelk, Direktor der Skulpturensammlung Dresden, in Übereinstimmung mit Prof. Dr. Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, und Ingrid Mössinger, Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz. Es handelte sich dabei um die Zusammenführung von mittelalterlichen Skulpturen, die
bislang dahin auf der Albrechtsburg in Meißen, in der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und im Schloßbergmuseum in Chemnitz gezeigt wurden.

Dass diese beeindruckenden sächsischen Sonderformen eines epochalen europäischen Stiles seither an einem einzigen Ort zu besichtigen sind, ist nicht nur der generösen Haltung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu verdanken, sondern auch der Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz, Barbara Ludwig, die sofort die Chance einer einmaligen kulturellen Bereicherung für die Stadt Chemnitz erkannte. Ohne die tatkräftige Unterstützung von Heidemarie Lüth, Kulturbürgermeisterin der Stadt Chemnitz, wäre die Realisierung des Projektes schwerlich gelungen.

Geografisch gesehen stammen die gezeigten Objekte aus der gesamten Region Sachsen und decken den Raum zwischen dem westlichen Erzgebirge und der Oberlausitz im Osten ab. Der überwiegend skulpturale Teil der Ausstellung wird durch einige Altarretabel und hochrangige Werke spätgotischer Tafelmalerei ergänzt. Hervorgegangen aus dem einstigen Chemnitzer Benediktinerkloster stellt das Museum mit seiner ursprünglich sakralen Funktion ein würdiges Umfeld für die Ausstellungsstücke dar, die ursprünglich einen liturgischen Zweck im Kirchenraum zu erfüllen hatten. Die benachbarte, bis ca. 1533 errichtete Schloßkirche veranschaulicht mit der dortigen vom Meister H.W. geschaffenen Geißelsäule, dem Nordportal des Franz Maidburg und dem Katharinenaltar im Chor die ursprüngliche Zweckbestimmung solcher Ausstattungsstücke in einem Gotteshaus.

Die Ausstellung wurde im Erdgeschoss in den erhaltenen Räumlichkeiten des Klosters – Kapitelsaal, Parlatorium, Refektorium und Kreuzgang – eingerichtet. Der überwiegende Teil der Plastiken stammt aus der Blütezeit des sächsischen Silberbergbaus vom Ende des 15. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts, die sich auch förderlich auf die Künste auswirkte und in der Errichtung spätgotischer Hallenkirchen kulminierte. Für die Ausstattung der Kirchen u.a. mit den hier ausgestellten Schnitzaltären und Heiligenfiguren zeichneten zahlreiche Bildhauerwerkstätten verantwortlich, unter denen die des Freiberger Domapostelmeisters, des Meisters H.W. in Chemnitz und des Peter Breuer in Zwickau die bedeutendsten darstellen. Unter den präsentierten Skulpturen befinden sich auch Hauptwerke dieser Bildhauer. So gehörte der thronende Nikolaus, der als Frühwerk des Apostelmeisters gilt, zu einem nicht mehr erhaltenen Altarretabel des Freiberger Domes.

Die äußerst qualitätvollen Skulpturen einer Schmerzensmutter, eines Kruzifixtorsos und eines auferstandenen Christus gehen dagegen auf den Meister H.W. bzw. dessen unmittelbaren Umkreis zurück. Von Peter Breuer sind insgesamt vier Skulpturen in der Sammlung ausgestellt. Unter ihnen bezeugen insbesondere die beiden Gersdorfer Figuren eines Christophorus und Johannes des Täufers die außerordentliche Meisterschaft des Künstlers. Sie entstanden im Anschluss an seine Gesellenzeit in Würzburg, die er u.a. in der Werkstatt von Tilman Riemenschneider, des wohl berühmtesten deutschen Bildschnitzers seiner Zeit, verbrachte. Darüber hinaus stand Breuer mit Hans Hesse, dem bedeutendsten sächsischen Maler der Spätgotik, in enger Verbindung und gründete mit ihm eine Werkgemeinschaft. Das aus der Hand Hesses stammende und im Museum ausgestellte Epitaph des Stephan Gülden mit der Darstellung der Gottesmutter und Maria Magdalena zählt zu den Hauptwerken sächsischer Malkunst des ausgehenden Mittelalters.

Von einem unbekannten Meister stammt schließlich das berühmte und im Refektorium präsentierte Heilige Grab, welches – zwischen 1480 und 1525 entstanden – eines der wenigen erhaltenen Beispiele für eine als mobiler Prunkschrein gestaltete Grablege Christi darstellt. Die inhaltliche Thematik der ausgestellten Werke umfasst Kindheit, Passion und Opfertod Jesu Christi und findet ihren Höhepunkt in der Darstellung des auferstandenen Gottessohnes. Die zahlreichen, insbesondere im nördlichen Kreuzgang ausgestellten Heiligen verdeutlichen deren Assistenzfunktion als Bindeglied zwischen dem gläubigen Betrachter und der Instanz Gottes.

Neben dem erwähnten spätgotischen Werkbestand umfasst die Sammlung auch bedeutende Objekte aus der Zeit des hohen Mittelalters. Dazu gehören neben der Otzdorfer Madonna (um 1160/1170) auch architekturplastische Werke in Stein, wie das spätromanische Tympanon von Elstertrebnitz. Im Parlatorium sind Altäre und Skulpturen des sogenannten Weichen Stils (ca. 1380–1430) versammelt, unter denen ein auferstandener Christus aus Kamenz, das Topfseifersdorfer Retabel und der Hausaltar des Dietrich von Schönberg besondere Aufmerksamkeit verdienen.

Eine Kooperation der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:

 

 

 

 

mit den Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum

Galerie

Heiliges Grab aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1480/1520, Holz, farbig gefasst und vergoldet, Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum/May Voigt
Heiliges Grab aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1480/1520
Schloßbergmuseum, Blick in die Dauerausstellung »Gotische Skulptur in Sachsen«, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum
Schloßbergmuseum, Blick in die Dauerausstellung »Gotische Skulptur in Sachsen«
Schloßbergmuseum, Refektorium, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum
Schloßbergmuseum, Refektorium
Vesperbild aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1370, Porphyrtuff, Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum/May Voigt
Vesperbild aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1370
Meister HW, Trauernde Muttergottes aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1503, Holz, Reste der ursprünglichen Fassung und Vergoldung, Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Schloßbergmuseum/May Voigt
Meister HW
Trauernde Muttergottes aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1503