Lebenswege
Künstler:innen zwischen den Systemen
Im Fokus der Ausstellung stehen die Kontinuitäten, Brüche und Widersprüche künstlerischer Lebenswege von der Weimarer Republik über die Zeit des Nationalsozialismus bis zu den Anfängen von Bundesrepublik Deutschland und DDR. Dafür werden Leben und Werk sechs bedeutender Künstler:innen aus dem eigenen Sammlungsbestand exemplarisch in den Blick genommen: Rudolf Bergander (1909–1970), Otto Dix (1891–1969), Lea Grundig (1906–1977), Wilhelm Rudolph (1889–1982), Gustav Schaffer (1881–1937) und Martha Schrag (1870–1957). Sie alle hatten ihren künstlerischen Ausgangspunkt in Chemnitz und/oder Dresden, kannten sich mitunter gegenseitig und prägten mit ihren Arbeiten die Realismusbewegungen der 1920er Jahre beziehungsweise die Kunstrichtung der Neuen Sachlichkeit.
Diese sechs Künstler:innen erlebten und verarbeiteten die massiven Umbrüche und tiefgreifenden Krisen des 20. Jahrhunderts in völlig unterschiedlicher Art und Weise. Wie vielseitig sich das künstlerische Schaffen in den verschiedenen Systemen veränderte, erzählt die Ausstellung anhand zentraler – in einigen Fällen erstmals öffentlich ausgestellter – Werke. Während die Künstler:innen in den 1920er Jahren Glanz und Elend der Weimarer Republik in gegenstandsbetonten und teilweise gesellschaftskritischen Bildern verarbeiteten, führte die NS-Machtübernahme zu fundamentalen Umbrüchen: Einige von ihnen wurden aus antisemitischen, politischen oder anderweitigen Gründen verfolgt und zugleich verfemt. Andere wiederum fanden alsbald ästhetische oder sogar inhaltliche Anknüpfungspunkte mit dem NS-Regime und konnten im nationalsozialistisch kontrollierten Kunstsystem Fuß fassen. Mit Ausnahme von Lea Grundig – die als verfolgte jüdische Künstlerin ins palästinensische Exil floh und 1949 zurückkehrte – blieben die genannten Künstler:innen in Deutschland und arbeiteten weiter. Die in der NS-Zeit geschaffenen Bilder spiegeln die unterschiedlichen Verhaltensweisen und Handlungsspielräume der Protagonsit:innen besonders eindringlich wider.
Nach der Niederschlagung des NS-Regimes und der Teilung Deutschlands trafen die künstlerischen Lebenswege – abgesehen von dem bereits 1937 gestorbenen Schaffer – abermals aufeinander. Im aufkommenden Ost-West-Konflikt schafften es die Protagonist:innen erneut, sich künstlerisch in den beiden gegensätzlichen politischen Systemen der Nachkriegszeit zu etablieren. Die Ausstellung hinterfragt bisherige Zuschreibungen und spürt den ambivalenten und oftmals unbekannten Lebenswegen in einem »Zeitalter der Extreme« (Eric Hobsbawm) nach.
Workshop für Schulklassen, Kinder und Jugendliche
Oppositionelle Jugendcliquen haben Johannes Herwig zu seinem Roman Bis die Sterne zittern inspiriert, der von jungen Menschen im Nationalsozialismus erzählt. Johannes Herwig liest aus seinem Buch und bietet danach die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Anmeldungen: kunstbus@stadt-chemnitz.de oder T +49 (0)371 488 4427