Ich Dix bin das A und das O
Selbstporträts von Otto Dix im Museum Gunzenhauser
Die Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser besitzen mit
290 Arbeiten eine der umfangreichsten musealen Otto Dix-Sammlungen weltweit.
Beginnend mit dem frühen Selbstporträt des Studenten aus dem Jahr 1912 lassen
sich anhand der Sammlung Leben und Werk des Künstlers von den Anfängen in
Dresden bis in die letzten Lebensjahre am Bodensee nachvollziehen. Unter dem
Titel des frühen Porträt-Holzschnitts Ich Dix bin das A und das O (1919) präsentiert
das Museum Gunzenhauser während des Sommers 2011 alle vierzig Selbstbildnisse
Otto Dix’ (1891–1969) aus der Sammlung Gunzenhauser, die zwischen 1912 und
1969 entstanden. Otto Dix hat sich in allen künstlerischen Techniken mehr als
einhundertmal selbst dargestellt. 1911/1912 setzt die Auseinandersetzung mit dem
eigenen Ich ein. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs entsteht ein knappes Dutzend
Selbstbildnisse in Öl, wovon das Chemnitzer Werk das erste darstellt. Dix porträtierte
sich als „Wandervogel“, jener Jugendbewegung um 1900, die eine demonstrative
Abgrenzung von der Vätergeneration und eine bewusste Selbsterziehung in Gemeinschaft
mit Gleichaltrigen sucht. Während Dix in den Arbeiten ab 1913 vor allem expressio-
nistische Anregungen verarbeitet, zeigt dieses Werk einen ersten Versuch in der ab
1920 perfektionierten altmeisterlichen Malweise. Ein weiteres Werk der Ausstellung
stammt aus dem Jahr 1919. Damals kehrt Dix aus dem Krieg zurück nach Dresden und
gerät mitten hinein in das revolutionäre Geschehen der Stadt. Enttäuscht von den
Ergebnissen radikalisiert er seine künstlerischen Mittel und findet zu einer drastischen
Formulierung. In diesem Kontext entsteht die Grafikmappe Werden, die den Holzschnitt
Ich Dix bin das A und das O enthält. In den 1920er Jahren entstanden Dix’ international
bekannte Hauptwerke, vor allem die Aufsehen erregenden Porträts. Aus dem neu-
sachlichen Jahrzehnt des Künstlers zeigt das Museum Gunzenhauser Zeichnungen,
Aquarelle und Druckgrafiken, die das gewandelte Selbstbildnis des Künstlers präsentieren.
In den Jahren der Inneren Emigration nach 1933 tritt die künstlerische Auseinandersetzung
mit dem eigenen Ich im OEuvre Otto Dix’ zunächst in den Hintergrund. Aus jenem Jahr
bewahrt das Museum jedoch eine eindrucksvolle Silberstiftzeichnung, die diesen
entscheidenden Wendepunkt im Schaffen des Künstlers dokumentiert. Erst in den
1940er-Jahren beschäftigt er sich wieder mit der eigenen Person. Zwischen 1942 und
1945 entstehen drei ähnlich angelegte Selbstbildnisse. Im Chemnitzer Selbstbildnis mit
maskierter Tänzerin, gemalt kurz vor der Einberufung zum Volksturm im März 1945,
entwickelt Dix den liegenden weiblichen Akt der Fassung des Vorjahres zur Tänzerin
mit vor das Gesicht gehaltener Totenmaske. Zurückgekehrt aus französischer
Gefangenschaft nach Hemmenhofen malt Dix 1947 das Selbstbildnis mit Pelzkappe vor
Winterlandschaft, auf dem sich Dix in schneebedeckter Landschaft mit Schaffellmantel
und Pelzkappe darstellt. Nach dem Krieg entstehen die malerisch angelegten Lithografien.
In ihnen lässt sich vor allem in den jährlich entstehenden Selbstbildnissen eine zunehmende
Lösung von der Form beobachten, die in den letzten Blättern vor dem Tod eine fast
informelle Freiheit gewinnt, so auch in einer seiner letzten Arbeiten Selbstporträt
(nach links, mit schwarzem Kragen) von 1968.
Die Ausstellung Ich Dix bin das A und das O läutet das DIX–JAHR 2011 in
Chemnitz ein. Mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm und einem
Festwochenende am 12. und 13. November 2011 anlässlich der Ausstellungseröffnung
Otto Dix in Chemnitz (13. November 2011–15. April 2012) wird in diesem Jahr
des 120. Geburtstags des bedeutenden Malers und Grafikers gedacht. Zudem findet
vom 26. bis 28. November 2011 das öffentliche Symposium Die Landschaftsgemälde
von Otto Dix statt.